Regionalwährungen: Die neuen Blütenträume


Von Ralf Grabowski

Auf den ersten Blick sieht es aus wie Spielgeld, frisch mitgenommen vom Monopoly. Doch die Rechnungen am Gemüsestand, im Restaurant und beim Bäcker um die Ecke lassen sich mit den gelben, lila- oder orangefarbenen Papierchen mühelos begleichen. Ganz normal. Der »Chiemgauer«, so nennen sich die Geldscheine, ist in der Region um den Chiemsee offizielles Zahlungsmittel.

Na ja, nicht ganz offiziell, denn eigentlich dürfen nur die Deutsche Bundesbank sowie die Europäische Zentralbank Banknoten ausgeben. Allerdings drücken die Währungshüter bei den rund 30 Regionalwährungen in Deutschland ein Auge zu.


Ob »Baargeld«, »Chiemgauer« oder »Havelblüte«, »KannWas«, »Landmark« oder »Urstromtaler«: In immer mehr Regionen gründen sich Vereine, die eigenes Geld herausgeben. Laut dem Portal Regiogeld sind weitere 50 Währungen derzeit im Aufbau. Das Interesse an einer anderen Geldwirtschaft ist angesichts von Pleite-Banken, Staaten am Rande des Bankrotts und der weltweiten Occupy-Bewegung eigentlich auch kein Wunder.

Den Verfechtern von Regionalwährungen geht es nicht um Lokalkolorit, sie wollen die herrschenden Marktverhältnisse kritisch hinterfragen - in diesem Punkt unterscheidet sich Regionalgeld auch von bloßen Gutscheinsystemen. »Uns interessiert, was es für Alternativen zum weltweiten Währungs- und Wirtschaftssystem gibt. Wir wollen das Bewusstsein wecken für die Ungerechtigkeiten, die daraus entstehen, und Alternativen zeigen«,sagt beispielsweise Sibylle Riffel, die in Darmstadt eine Regionalwährung mit aufbaut. Ihre Beobachtung: Der Unmut in der Bevölkerung wächst.

Dabei ist die Idee der Parallelwährungen viel älter; freilich auch aus der Not geboren. Es war in den 30er-Jahren, als die Weltwirtschaftskrise die Staaten fest im Griff hatte. Damals schlossen sich Unternehmer und Geschäftsleute in der Schweiz zu einer Genossenschaft zusammen und brachten den »WIR« auf den Markt - eine Komplementärwährung zum Franken, die es immer noch gibt. Die WIR-Bank hat heute eine Bilanzsumme von drei Milliarden Franken, weit über 870 Millionen Franken hat sie an Krediten vergeben.

 
Gerade mal auf zehn Jahre bringt es der »Roland«, der von weit über hundert Unternehmen in Bremen und im Umland akzeptiert wird. Er ist die dienstälteste deutsche Regionalwährung. Etwas jünger, dafür bekannter ist der »Chiemgauer«, der 2003 als Projekt der Waldorfschule in Prien entstand, maßgeblich entwickelt vom Wirtschaftslehrer Christian Gelleri. Mittlerweile zahlen 3.000 Menschen mit dem »Chiemgauer«, knapp 600 Unternehmen und über 230 Vereine machen mit. Im Chiemgau ist die zweite Währung Standard, und das nicht nur auf dem Wochenmarkt und im Restaurant. Der Supermarkt macht ebenso mit wie Autowerkstätten, Handwerker und Zahnärzte.

Was bringt Menschen dazu, diesen Aufwand zu treiben. Geschäftsleute etwa müssen das Geld zusätzlich verbuchen, häufig auch noch einige Prozent für gemeinnützige Zwecke abführen: Sie tun es, weil sie wissen, dass jeder was von der Regionalwährung hat. »Uns geht es darum, die regionale Wirtschaft zu stärken«, sagt etwa Sibylle Riffel, die Psychotherapeutin aus Darmstadt. Selbstverständlich dürfen Klienten bei ihr auch mit »Regio« zahlen - und bekommen sogar noch Nachlass dafür. Und Christian Gelleri, der Erfinder des »Chiemgauers«, ergänzt: »Wenn man nur einseitig Globalisierung betreibt, dann gerät eine Gesellschaft ins Ungleichgewicht.«
Der »Chiemgauer« ist drei Mal so schnell im Umlauf wie der Euro.

Denn weil die Währung nur in einem eng begrenzten Raum gültig ist, bleibt die Kaufkraft in dieser Region. Der Bäcker, dessen Brot und Kuchen in »Chiemgauer« bezahlt werden, hat ein Interesse daran, Mehl und Eier ebenfalls in »Chiemgauer« zu begleichen. Auch der Müller und der Hühnerbauer werden das Korn von einem Bauern aus der Region beziehen, der den »Chiemgauer« annimmt. So hat der Verbraucher die Sicherheit, dass sein Geld auch in künftigen Tauschvorgängen an der Wertschöpfung in der Nähe beteiligt ist - damit bleiben Arbeitsplätze und Infrastruktur in der Region erhalten.

Doch was passiert, wenn die Leute ihre »Chiemgauer« (oder jede andere Regionalwährung) nicht ausgeben, sondern horten, sie womöglich auf eine Bank legen und Zinsen einstreichen? Gelleri ist sich sicher: »Geld würde wieder auf den Zweck reduziert, aus Geld noch mehr Geld zu erzeugen, und die realen Bedürfnisse der Menschen würden immer mehr aus dem Blickfeld geraten.« Damit spricht der Wirtschaftslehrer eine doppelte Bedeutung an. Geld ist zum einen ein universelles Tauschmittel: Waren und Dienstleistungen können gegen Geld getauscht werden, das dann wiederum in Waren oder Dienstleistungen zurückgetauscht wird. Geld ist aber zum anderen selbst zur Ware geworden, mit der spekuliert und weiteres Geld erwirtschaftet werden kann.

Dieser Warencharakter ist es, den die Verfechter der Regiogeld-Initiativen ausschalten wollen. Deshalb geben sie ihrem Zahlungsmittel einen, so Gelleri, »Umlaufimpuls« mit, einen negativen Zins. Dieses Prinzip geht auf die Ideen des Finanztheoretikers und Sozialreformers Silvio Gesell aus dem Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert zurück. Durch diesen Kniff verliert das Geld also langsam, aber sicher an Wert.

»Chiemgauer« werden zwar im Verhältnis 1 zu 1 gegen Euro getauscht (bei Volksbanken, Sparkassen und in einigen Läden), verlieren aber jedes Vierteljahr ihre Gültigkeit. Nur mit kostenpflichtigen kleinen Aufklebern (in Höhe von zwei Prozent ihres Wertes) werden sie um weitere drei Monate verlängert. Die Folge: Wer »Chiemgauer« in der Tasche hat, versucht, sie so schnell wie möglich wieder loszuwerden; sparen wird bestraft. So wandert das Regionalgeld zügig von einer Hand in die nächste. »Der "Chiemgauer" ist drei Mal so schnell im Umlauf wie der Euro«, weiß Gelleri. Er macht damit auch dreimal mehr Umsätze. Und noch ein Faktor kommt beim »Chiemgauer« hinzu. Von den Umsätzen und vom Rücktausch in Euro werden drei Prozent für gemeinnützige Vereine aus der Region abgezweigt. Diese Summe tragen zumeist die Geschäftsleute, sie erhalten dadurch aber auch einen Wettbewerbsvorteil, weil sie damit mehr Kunden in ihre Geschäfte locken.

Das größte Problem ist, dass noch zu wenig Geschäfte mitmachen Regionalgeld geht mit der Zeit. Deshalb gibt es den »Chiemgauer« nicht nur als Papiergeld, sondern mittlerweile auch als elektronisches Zahlungsmittel - möglich nur, weil auch die örtlichen Banken mit im Boot sind. Und wer ein Regionalgeld nicht komplett neu aufbauen möchte, kann von der Infrastruktur der Regios eG profitieren, die Mikrokredite vergibt und die Logistik für den »Chiemgauer« und weitere Regionalwährungen wie den »Regio« besorgt.

Doch der Erfolg steht und fällt mit den teilnehmenden Personen. »Das größte Problem ist, dass noch zu wenig Geschäfte mitmachen. Die Skepsis ist groß«, sagt Sibylle Riffel. Es ist ein Teufelskreis: Wenn es keine Möglichkeiten gibt, das Regionalgeld bequem wieder loszuwerden, dann werden sich auch wenig Leute finden, die sich darauf einlassen.

So ist es kein Wunder, dass manche Initiativen sich nicht lange halten können. Das Stuttgarter Rössle etwa, das 2007 in den Kessel kam und Ende vergangenen Jahres abgehalftert wurde. Zwar hatten 53 Unternehmen und über 260 Konsumenten mitgemacht, doch habe es neben vielen Sympathisanten nur »eine kleine Gruppe« aktiver Nutzer gegeben, ist auf der Homepage des Vereins zu lesen.

Manch anderes Projekt kommt erst gar nicht aus seinen Startlöchern heraus. In Reutlingen und Tübingen etwa liegt eine Initiative, wenn nicht auf Eis, so doch »unter Laub versteckt«, sagt der Tübingen Reinhold Klett. Seit über zwei Jahren tut sich auf der Homepage nichts mehr, nachdem einige Initiatoren der hiesigen Regionalwährung entweder weggezogen sind oder krankheitshalber sich nicht mehr so umfangreich engagieren wollten. Allerdings, betont Klett, gebe es schon Infoblätter und Muster, und hin und wieder werben die Verbliebenen auch für ihre Initiative - neulich etwa beim Alternativen Neujahrsempfang in Reutlingen.
(GEA)

18-4-1964

18-4-1964
KATA ΤΗΝ ΚΑΤΟΧΗΝ 400.000.000 ΔΟΛΛΑΡΙΩΝ ΕΔΑΝΕΙΣΕΝ Η ΕΛΛΑΣ ΕΙΣ ΓΕΡΜΑΝΙΑΝ ΚΑΙ ΤΗΝ ΙΤΑΛΙΑΝ

Video

Video
27/06/2012

Video

Video
Δ.ΚΑΖΑΚΗΣ & ΣΤ.ΠΑΠΑΘΕΜΕΛΗΣ - ΕΚΛΟΓΕΣ 2012 - ΕΤ1 28/04/2012

Video

Video
ΔΙΑΚΑΝΑΛΙΚΗ ΣΥΝΕΝΤΕΥΞΗ ΤΥΠΟΥ ΣΤΗΝ ΕΣΗΕΑ "ΌΧΙ"

ΤΟ ΠΡΟΓΡΑΜΜΑ ΤΩΝ 100 ΠΡΩΤΩΝ ΗΜΕΡΩΝ ΜΙΑΣ ΚΥΒΕΡΝΗΣΗΣ ΠΑΛΛΑΪΚΟΥ ΜΕΤΩΠΟΥ

"Ο Χ Ι" ΔΗΜΟΚΡΑΤΙΚΗ ΑΝΑΓΕΝΝΗΣΗ, ΕΝΙΑΙΟ ΠΑΛΛΑΪΚΟ ΜΕΤΩΠΟ (Ε.ΠΑ.Μ.) & ΚΙΝΗΜΑΤΑ ΠΟΛΙΤΩΝ

Ψήφισμα Συνεδρείου

Ψήφισμα Συνεδρείου
για τις Βουλευτικές Εκλογές

Ψήφισμα Συνεδρείου

Ψήφισμα Συνεδρείου
για την Πολιτική Συμμαχιών

Αποτελ. Εκλογών

Αποτελ. Εκλογών
για το Εθνικό Συντονιστικό Συμβούλιο

Απολογισμός

Απολογισμός
Πεπραγμένων του ΕΠΑΜ

Unterschriften (Eu)

Video

Video

Page Viewers